Against all odds!Against all odds!

105 : 95

Bahcesehir Collegevs.NINERS Chemnitz

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NINERS schreiben Geschichte

Against all odds!

Die wundersame Reise der NINERS Chemnitz hat am Mittwochabend ein traumhaftes Ende gefunden. In der 16-Millionen-Einwohner-Metropole Istanbul krönte sich die „Orange Army“ mit einer herausragenden Willensleistung zum FIBA-Europe-Cup-Gewinner 2024. Mehr als 11.000 Zuschauer, darunter 200 mitgereiste Chemnitzer Fans, sahen ein packendes Duell zwischen den Hausherren von Bahcesehir College und einer leidenschaftlich kämpfenden NINERS-Mannschaft, die sich gegen alle Widerstände den Titel krallte. Der 11-Punkte-Vorsprung aus dem Hinspiel war schon im zweiten Viertel aufgebraucht, der türkische Kontrahent auf der scheinbar sicheren Siegerstraße. Doch Chemnitz arbeitete sich nach der Halbzeit zurück ins Spiel, hatte bereits eine Hand am Pott, musste dann einen starken Schlussspurt der Türken wegstecken und mit hoher Foulbelastung sowie folgerichtig ausgedünnter Personaldecke in die Verlängerung gehen. Wieder schien die Partie zugunsten der Gastgeber zu kippen, welche erneut auf fünf Punkte davonzogen, aber das unglaubliche NINERS-Team ließ einfach nicht locker. Mit riesiger Moral und überwältigendem Einsatz drehte Chemnitz das Match, ging anderthalb Minuten vor Schluss in Führung und verteidigte auch den letzten Istanbuler Angriff. Mit dem denkbar knappsten Vorsprung eines einzigen Pünktchens setzten sich die NINERS in der Gesamtaddition aus Hin- und Rückspiel mit 180:179 gegen Bahcesehir durch und feierten den ersten Titel ihrer 25-jährigen Vereinsgeschichte. Zugleich ist Chemnitz nunmehr nach Berlin, Weißenfels, Göttingen, Frankfurt und Bonn der überhaupt erst sechste deutsche Club, welcher einen Europapokal gewinnen konnte.

Das Hinspiel in der Chemnitzer Messehalle hatten Sachsens beste Korbjäger eine Woche zuvor mit 85:74 für sich entschieden. Eine 10-Punkte-Niederlage beim Rückspiel in Istanbul würde also zum Titel reichen. Doch die NINERS wollten insbesondere nach der direkt zuvor erlittenen, kräftezehrenden wie nervenraubenden 99:100-Overtime-Niederlage in Göttingen die nächste Nervenschlacht unbedingt vermeiden. Zu Spielbeginn in der stimmungsvollen Ülker Sports Arena von Istanbul lief es dann auch gut an. Ousman Krubally und Aher Uguak brachten die Orange Army schnell mit 13:9 in Front, wodurch der Gesamtvorsprung schon 15 Zähler betrug. Bis zum Ende des ersten Viertels hielt vor allem die Chemnitzer Verteidigung den Angriffswellen des Gegners stand, so dass man eine knappe 19:18-Führung in die erste Pause nehmen konnte. Diese sollte bis zu Kaza Kajami-Keanes Korbleger zum 25:23 weiter Bestand haben, doch allmählich fand Bahcesehir bessere Lösungen und übernahm vor allem durch erfolgreiche Dreier alsbald die Führung. Beim Stand von 33:27 für die Hausherren griff NINERS-Coach Rodrigo Pastore zur ersten Auszeit. Den Istanbuler Lauf vermochte dies jedoch nicht zu stoppen. In der 16. Spielminute bescherte US-Boy Tyler Cavanaugh den Türken bereits das 42:31 und egalisierte damit auch die Gesamtwertung. Weil Chemnitz wie schon im Hinspiel zahlreiche, teils umstrittene Foulpfiffe kassierte, musste Pastore zudem wichtige Leistungsträger wie Jeff Garrett, Kevin Yebo und Jonas Richter oftmals auf die Bank beordern, was Bahcesehir neben der Vielzahl an Freiwürfen zusätzlich in die Karten spielte. Obendrein waren die NINERS in der Defensive nun zur Zurückhaltung gezwungen und mussten zusehen, wie die Hausherren bis zur Halbzeitpause bereits auf 55:38 davonzogen.

In der Addition aus Hin- und Rückspiel ging Chemnitz also mit einem 6-Punkte-Rückstand in die zweite Hälfte und das Momentum lag klar auf türkischer Seite. Viele mitgereiste Fans, es wäre noch Platz für deutlich mehr als 200 gewesen, wenn Bahcesehir nicht 500 Sitze rund um den ohnehin schon hermetisch abgeriegelten Gästeblock freigelassen hätte, bangten mit ihren NINERS. Ebenso ging es wohl den 2.000 Zuschauern, die beim großen Public Viewing in der Messe Chemnitz mitfieberten. Und als hätten all ihre Hoffnungen und Wünsche irgendwie den Weg nach Istanbul gefunden, kamen Sachsens beste Basketballer plötzlich mit neuer Energie aus der Kabine. Angefangen mit zwei Dreiern von Kajami-Keane kämpften sich die NINERS zurück ins Match. Wes Van Beck legte von draußen nach, bevor sich Krubally, Yebo und Richter am Brett zum 61:66-Anschluss durchsetzten. Der nächste Keane-Dreier und ein Freiwurf des Kanadiers brachten zum Ende des dritten Durchgangs dann sogar den 67:67-Ausgleich und der Chemnitzer Lauf ging weiter. Lansdowne, Krubally und Keane stellten sechs Minuten vor Schluss sogar auf 75:73 für das Pastore-Team. Doch abermals zeigte sich, dass Basketball ein Spiel der Läufe ist und der nächste sollte wieder den Hausherren gehören. Mit einem Distanztreffer von Tony Taylor ging Bahcesehir erneut in Führung und baute diese Angriff um Angriff aus. Während der Korb für Chemnitz wie vernagelt schien, rauschte jeder türkische Wurf wie an der Schnur gezogen durch den Ring. Und spätestens jetzt wurde die hohe Foulbelastung zum bedrohlich schweren Klotz an den Beinen der NINERS. Nacheinander kassierten Yebo, Richter sowie Krubally ihr fünftes Foul, mussten folgerichtig vom Feld und Bahcesehir nutzte die dadurch entstandenen Größenvorteile am Brett nun eiskalt aus. Insbesondere der französische Centerhüne Jerry Boutsiele konnte nun am Brett walten wie er wollte und erzielte die letzten sechs Punkte im vermeintlichen Schlussviertel zum 95:84 für die Hausherren. Wieder waren es genau jene elf Punkte Differenz, die den Gesamtstand ausglichen und als auch Van Becks Dreier in letzter Sekunde nicht durch den Ring fallen wollte, ging das Match in eine fünfminütige Verlängerung.

Dort sorgte zwar Aher Uguak für die ersten Zähler zugunsten der NINERS, doch als dann auch noch Garrett sein fünftes Foul kassierte und Bahcesehirs Phil Scrubb einen Dreier zum 102:86 verwandelte, schienen die Türken auf die Siegerstraße einzubiegen. Fünf Punkte Rückstand und außer Uguak keinen einzigen 2-Meter-Mann mehr auf dem Feld, waren die Chemnitzer Titelhoffnungen fast schon dahin. FAST! Denn die NINERS bewiesen nunmehr riesige Moral und einen schier unfassbaren Siegeswillen. Mit dem Rücken zur Wand tankte sich erst Lansdowne für die nächsten Punkte zum Brett durch, dann verwandelte Kajami-Keane mit dem Mut der Verzweiflung einen Fastbreak-Dreier und schließlich war es ausgerechnet Dominic Lockhart, der Chemnitz wieder in Front brachte. Sonst vor allem für seine starken Defensivqualitäten bekannt und zu jenem Zeitpunkt als Notlösung auf der Powerforward-Position spielend, ging mit allem was er hatte einem Van-Beck-Fehlwurf nach und zwang den Ball zum 93:103 durch die Reuse. Anschließend machte Aher Uguak in seinem 100. Pflichtspiel für die NINERS die Zone dicht, Chemnitz holte den Rebound, Kajami-Keane zog das Foul und verwandelte beide Freiwürfe. Sein kanadischer Landsmann Phil Scrubb traf dann aber 50 Sekunden vor Schluss zum 105:95 für Bahcesehir und weil wenig später Keanes Versuch nur auf dem Ring tanzte, hatte Axel Bouteille doch noch die Chance, das Match per Dreier für die Hausherren zu entscheiden. „In dieser Sekunde schossen mir die letzten neun Jahre NINERS durch den Kopf“, sagte Rodrigo Pastore, während Geschäftsführer Steffen Herhold glaubte: „Vielleicht haben vom Himmel aus sogar Rodrigos Mama, Dres Mama und mein Vati mitgepustet, damit Bouteilles Wurf vorbeigeht.“ Nach einem packenden Duell, einem Spiel wie eine Achterbahnfahrt, nach Kampf und Nervenschlacht bis zur letzten Sekunde durften die NINERS schließlich hochverdient den FIBA Europe Cup in den Istanbuler Nachthimmel strecken. Obendrein wurde Kaza Kajami-Keane, der in beiden Finalpartien zusammen 40 Punkte, sieben Assists, drei Rebouns und drei Steals auflegte sowie 15 seiner 16 Freiwürfe verwandelte, zum „Most Valuable Player“, dem wertvollsten Spieler des FIBA Europe Cup Finales 2024 gekürt. Nachdem in Istanbul schon 200 NINERS-Fans live mitfeiern durften, gibt es am Sonntag in Chemnitz die große Sause. Gegen 14:45 Uhr trifft das Team am Rathaus ein, wird dort zunächst von Oberbürgermeister Sven Schulze empfangen, darf sich ins goldene Buch der Stadt eintragen und springt anschließend auf den Rathausbalkon, um mit allen Fans, die hoffentlich den gesamten Markplatz in NINERS-Farben tauchen, gemeinsam den ersten Titel der Vereinsgeschichte zu feiern!

 

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